Crowdfunding – Kennzahlen einer erfolgreichen Finanzierung

Nachdem wir uns im vergangenen Sommer erstmals an die sogenannte „Schwarmfinanzierung“, in der Fachsprache als „Crowdfunding“ bekannt, gewagt haben, möchten wir unsere Erfahrungen mit euch teilen sowie Kennzahlen veröffentlichen. Über unser Projekt berichteten wir schon ausführlich in einem Blog.

Wie funktioniert Crowdfunding?

Wie die deutsche Übesetzung „Schwarmfinanzierung“ schon sagt, wird ein Projekt durch die finanzielle Beteiligung vieler Personen (Kleinsponsoren bzw. Supporter) realisiert. Als Gegenleistung bietet man den Financiers besondere Produkte bzw. Beteiligungen am Projekt. Wie genau Crowdfunding funktioniert lest ihr am besten hier nach.

Wir entschieden uns, unser Finanzierungsprojekt auf der Crowdfunding-Plattform „Startnext“ zu starten. Startnext ist die größte und erfolgreichste dieser Plattformen im deutschsprachigen Raum. Zum damaligen Zeitpunkt waren aus 72 Einreichungen aus Österreich 30 erfolgreich. Vor unserem erfolgreich finanzierten Projekt „KANNIBALE & DIEBE“ wurde leider kein aus Kärnten zur Finanzierung freigeschaltetes Projekt finanziert. Für die Kärntner Theaterszene bedeutete die Teilfinanzierung durch Crowdfunding ein Novum und wir bereiteten unser Vorhaben gut vor um unser Projekt erfolgreich „über die Bühne zu bringen“!

Ausgangssituation

Wir entschieden uns dazu, mit der Herstellung von Kostümen einen reellen, nachvollziehbaren Teil unserer Produktionskosten durch Crowdfunding zu finanzieren. Die Überlegung war, dass alle an der Finanzierung beteiligten Personen – die sogenannten Supporter – die Produkte ihres finanziellen Zutuns auch sehen können und durch den Erwerb exklusiver Goodies einen Mehrwert erstehen! Natürlich war uns klar, dass ein solches Finanzierungskonzept in Österreich bzw. in Kärnten noch nicht sehr etabliert  ist. Darum versuchten wir, überregional Menschen anzusprechen, bzw. emotional an unser Projekt zu binden. So soll etwa in einem möglichen Supporter aus dem hohen Norden, der vermutlich nie und nimmer für einen Theaterbesuch ins schöne Kärntnerland fahren würde dennoch Interesse daran geweckt werden, dass unsere Häuptlinge in einem feinen, standesgemäßen Zwirn im Rampenlicht stehen.  Und damit dieser Jemand auch bereit ist dieses Projekt finanziell zu unterstützen, haben wir versucht auch Goodies bereitzustellen mit denen genau dieser Jemand auch etwas von dem Engagement hat.

Finanzierungsziel

Als Finanzierungsziel definierten wir € 1.500,00. „KANNIBALE & DIEBE“ erreichte 111% (€ 1.666,00) und wurde somit überfinanziert. Darüber hinaus wurde über diese Aktion ein zusätzlicher Sponsor gewonnen.

Goodies bzw. „Dankeschön-Pakete“

GoodiesHerausforderung war, Supporter im gesamten deutschsprachigen Raum anzusprechen. Dafür wurden sechs von neun Goodies nicht an einen Theaterbesuch gebunden. Darunter unter anderen die „Lasst euch einkochen“-Videobotschaft. Die restlichen drei Goodies waren Theaterpakete, die auf dem normalen Markt nicht zu erstehen waren – wie etwa der All-Inclusiv Theaterbesuch für zwei Personen – die klar an die Zielgruppe möglicher Besucher gerichtet waren!

Marketing

Neben der Verbreitung über unsere Homepage nutzten wir all unsere Social-Media Kanäle (Facebook, WordPress, Twitter, unseren Youtube-Channel) sowie klassische Printmedien. Die „Kleine Zeitung“ berichtete über „KANNIBALE & DIEBE“ auf einer Doppelseite. Auch Mundpropaganda im Verwandten- und Bekanntenkreis spielte eine nicht unwesentliche Rolle.

Kleine Zeitung_Startnext

Kennzahlen

39 Supporter unterstützen insgesamt 52 mal „Kannibale und Diebe“ mit € 1.666,00

32 Supporter aus Österreich, vier aus Deutschland, je einer aus den USA, Belgien und Kasachstan

Unter den 52 Unterstützungen waren sieben „freie“ (der Supporter wählte kein Paket und somit keine Gegenleistung). Diese sieben Supporter förderten „Kannibale & Diebe“ mit € 493,00.

Unsere Erfahrungen mit der Crowdfunding-Finanzierung

Da die Finanzierung erfolgreich war und wir sehr gutes Feedback über unser Auftreten und die Marketingmaßnahmen bekommen haben, sind unsere Erfahrungen sehr positiv. Wir können unsere Supporter in folgende Gruppen einteilen: (erweiterte) Teammitglieder, Verwandte, Bekannte bzw. Freunde, Stammpublikum sowie uns unbekannte Unterstützer. Überrascht waren wir vor allem an der finanziellen Beteiligung aus unseren Familien- und  Freundeskreisen: da unsere  Angehörigen und Freunde wissen, wie hart wir als Kulturschaffende zu arbeiten haben und es buchhaltungstechnisch quasi unmöglich ist, mal von der Oma einen Hunderter für das Sommertheater in die Finanzierung mitaufzunehmen, war Crowdfunding offenbar für viele Verwandte, Freunde und Bekannte eine tolle Gelegenheit, uns auf professioneller Ebene als Kultureinrichtung zu unterstützen und dafür auch einen Mehrwert zu erhalten. Auch einige (Stamm-)Besucher, die wir aufgrund des jährlichen Theaterbesuchs bei uns inzwischen persönlich kennen, haben ein Paket ergattert.Diagramm_Zielgruppen_kl

Finanziell_Zielgruppen_klAuch ein Unternehmen, mit dem wir alljährlich in Sponsorenverhandlungen waren aber jedoch leider nie eine Kooperation zustande kam, sprang durch die mediale Aufmerksamkeit als Partner auf den Zug auf. Dieses Unternehmen hat den Deal jedoch nicht über Startnext abgewickelt, da es in einem großen Unternehmen für die Buchhaltung offenbar kompliziert ist Sponsoringzuweisungen über einen Treuhänder abzuwickeln.

Tabelle der finanziellen Beteiligung der Zielgruppen in Miteinberechnung des durch die Crowdfunding Kampagne gewonnenen Sponsor (Extern – gelb) in Prozent:

mit Sponsor

Obwohl unsere Erwartungen übertroffen wurden darf man nicht vergessen, dass ein ausgeklügeltes und gut überlegtes Konzept essentiell für ein erfolgreiches Projekt ist und damit verbunden sehr viel Arbeit investiert werden muss!

Unsere Erfahrungen mit Startnext

Startnext hat sehr professionell gearbeitet und war auch telefonisch für Fragen erreichbar. Die Plattform Startnext wird betrieben von der Startnext Crowdfunding gUG. Seit Mai 2011 ist Startnext gemeinnützig, provisionsfrei und finanziert sich durch Spenden, den Verkauf diverser Premium Services und Features sowie durch Workshops und Vorträge, in denen Wissen rund ums Crowdfunding vermittelt wird.

Supporter können ihre Lieblingsprojekte direkt über ihr Online-Konto per Sofortüberweisung, via Vorkasse oder über  Paypal (Bei dieser Bezahlvariante fallen allerdings Transaktionskosten an, die dem Starter bei erfolgreicher Finanzierung abgezogen werden) finanziell unterstützen bzw. sich in diese einkaufen. Startnext stellt den Supportern frei, einen frei wählbaren Betrag der Crowdfunding Plattform zu spenden.

Von einigen Supportern wissen wir, dass es Skrupel gibt direkt über eine fremde Homepage auf ihr Online Konto zuzugreifen. In diesen Fällen wurden wir oft vor allem über unsere offizielle Facebook Seite kontaktiert und boten Hilfestellung oder konnten Vorbehalte entkräften (bei den Wiener Linien zum Beispiel funkt es genau so). Alternativ zu einer Online-Überweisung können Supporter sich die Kontodaten von Startnext mailen lassen und dann eine Überweisung durchführen – zu bedenken dabei ist allerdings, dass so eine Überweisung von einem österreichischen Konto aus bis zu sieben Werktage dauern kann und vielleicht nicht bis zur Deadline am Konto von Startnext gutgeschrieben wird. Überrascht hat uns, dass die Übergangsphasen zwischen Onlinestellen des Projektes, der Startphase sowie der Finanzierungsphase doch länger als erwartet (jeweils einige Werktage) gedauert haben. Andererseits werden natürlich alle Projekte sowie Starter durch Startnext auf Seriosität überprüft, was gut und wichtig ist. Für unser nächstes Projekt werden wir diese „Leerzeiten“ miteinberechnen. Insgesamt waren unsere Erfahrungen mit Startnext ausschliesslich positiv.

Gruß an die Crowd

Wir hoffen, Interessierten mit unseren Erfahrungen weitergeholfen zu haben. Allen Startern wünschen wir viel Erfolg bei der Realisierung ihrer Projekte!

Die Konzeption des Projektes „KANNIBALE & DIEBE“ erstellten Robert Saringer und ich. Einfliessen lassen konnten wir viele Erkenntnisse bzw. Erfahrungen von Christian Henner-Fehr, der uns beide im Rahmen des Kulturmanagement Studiums mit seinem beeindruckenden Fachwissen sehr weitergeholfen hat.

Ergänzend zu unseren Erfahrungen möchten wir allen Interessenten noch diese Einführung in Crowdfunding von Wolfgang Gumpelmaier – präsentiert im Zuge des stARTcamp Wien 2013 – ans Herz legen.

Bei all unseren Supportern und Fans auf Startnext wollen wir uns auf diesem Weg noch einmal herzlich bedanken!!!

Nachdem wir ja wissen was der THEATER SOMMER KLAGENFURT 2014 bringt, möchten auch wir wieder im Schwarm aktiv werden und hoffen abermals auf eine erfolgreiche Finanzierung durch die Crowd!

Bis dahin alles Liebe,

Wilhelm Prainsack

8 Kommentare

Eingeordnet unter Claudia Pötzsch, Crowdfunding, Julia Kuschar, Organsiation, Robert Saringer, Rundherum, TheaterSommer, Wilhelm Prainsack

8 Antworten zu “Crowdfunding – Kennzahlen einer erfolgreichen Finanzierung

  1. Pingback: Crowdfunding in 11 Schritten (Teil I) | Kulturmanagement Blog

  2. Pingback: Was tut sich so beim TSK?!? | THEATER SOMMER KLAGENFURT

  3. Sehe jetzt gerade, dass ihr meinen Vortrag vom Startcamp Wien verlinkt habt. Also nochmals DANKE 😉 Würdet ihr ev. für ein Online-Live-Video-Interview zur Verfügung stehen? Siehe http://www.ununi.tv/taxonomy/term/102

  4. Pingback: Newsletter 25. September 2013 | kulturimweb.net

  5. Vielen Dank für diesen Nachbericht. Solche Informationen sind immer gerne willkommen.

  6. @Nils Schnetzler: Woher das Geld kommt, hängt davon ab, wie sich das Netzwerk zusammensetzt. Wenn es großteils aus Verwandten und Bekannten besteht, dann kommt das Geld eben von ihnen. Als Ausgangspunkt für weitere Kampagnen ist das aber gar nicht so schlecht. Wenn man das dann ausbaut und neue Unterstützer dazu gewinnt, dann ist das doch perfekt.

    Gratulation noch mal an Euch für Eure Kampagne und danke für den Bericht. Er ist sehr informativ und hilft hoffentlich vielen anderen Kultureinrichtungen weiter.

  7. Nils Schnetzler

    Über 3/4 des Geldes kommt von Verwandten und Bekannten!!! Wofür dann Gebühren an den Anbieter zahlen???? Das überzeugt mich leider überhaupt nicht. Dann kann ich auch gleich selbst nachfragen!!!

    • @Nils, unter Verwandte und Bekannte verstehen wir Verwandte und Bekannte des Kernteams (sechs Personen). Diese Verwandten und Bekannten sind von sich aus, aufgrund der medialen Präsenz aktiv geworden – wir haben niemanden persönlich „angeschnarrt“ (in unserem Alter machen wir das schon lange nicht mehr ;). Bisher sah ein Engagement aus diesen Gruppen so aus, dass sie Karten gekauft haben und auf allfällige Ermäßigungen verzichtet haben. Durch unsere Crowdfunding Aktion bekamen diese Personen die Möglichkeit ein reales Projekt zu unterstützen und auch einen Mehrwert dafür zu erstehen – das Ganze mit Rechnung über einen Treuhänder (vielleicht sogar anonym), also super seriös und super sauber! Wie im Blog beschrieben waren wir selbst positiv überrascht über das Engagement dieser Gruppen. Dass es bei uns so war bedeutet nicht, dass dies der allgemeine Usus in anderen Crowdfunding Projekten ist – leider gibt es wenige veröffentlichte Auswertungen.

      Wie im Blog beschrieben trat über die mediale Präsenz ausserdem ein Sponsor auf uns zu, mit dem eine Zusammenarbeit zustande kam. Wenn wir diese Sponsoringzuwendung mit einberechnen, verschieben sich die Anteile der Zielgruppen um einige Prozentpunkte!

      Wie Christian Henner-Fehr beschrieben hat: Ich denke, wir haben da ein Netzwerk, das uns wieder unterstützen wird (das Feedback über die Goodies war sehr gut). Herausforderung im kommenden Jahr wird sein, bestehende Supporter wieder zu erreichen sowie noch mehr uns unbekannte Personen von einem Engagement bei uns zu überzeugen!

      Die von Ihnen angesprochenen Gebühren fallen bei Startnext nicht an. (Außer Transaktionskosten wenn jemand über PayPal bezahlt – diese Bezahlvariante kann allerdings vom Starter deaktiviert werden)

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